Lektüre zu Aggressionen

Hallo Mamis,

ich muss mich heute mal mit einer sehr traurigen Sache an euch wenden und mal um Tips bitten.

Unsere Große (seit Juli 3 Jahre alt) ist arg temperamentvoll. Momentan hat sie häufig richtige Wutanfälle. Es kommt jetzt auch viel zusammen, wir gewöhnen ihr grade den Nukki ab, ich bin schwanger, das bekommt sie ja auch mit.

Nun ist es so, dass sie besonders abends vollkommen abdreht. Besonders wegen dem Nukki, war vorher nicht so.

Wir selber leben ihr kein aggressives Verhalten vor. Aber wenn sie abends stundenlang so ausflippt, stoße ich momentan auch massiv an meine Grenzen. Gestern bin ich zimelich laut geworden und bin aus ihrme Zimmer marschiert. Natürlich weiss ich, dass das nicht wirklich förderlich ist. Aber es war auc meine Grenze erreicht.

Sie versucht am laufenden Band mich zu provozieren. Sagt zu allem Nein, ich stehe aber immer wieder auf, etc. Dabei würde ich ja auch in dieser Phase etwas bei ihr bleiben wegen der Umgewöhnung mit dem Nukki. Aber sie hampelt dann nur rum, ist totmüde, und versucht sich krampfhaft wachzuhalten. Wenn ich dann sage, das geht so nicht, ich bleibe bei dir, wenn du mal liegen bleibst, rastet sie aus und wir sind wieder im Teufelskreis.

Wie geht ihr mit solchen Situationen um? Könnt ihr mir einen Buchtip geben, in dem ich Anregungen finde, wie ich damit umgehen kann?

Ich finde es fürchterlich, wenn die Abende so laufen. Bin dann nach manchmal 2 Stunden nur noch traurig, und finde es schlimm, wenn die Maus dann schluchzend in meinem Arm einschläft (nach diesen Attacken).

Für mich ist es wichtig, einen Weg aus diesem Wutkreislauf zu finden. Dass ich trotzdem einen schwierigen Weg wegen dem Nukki gehen muss, ist mir klar...

Erstmal Danke fürs lesen und vielleicht auch antworten.

Liebe Grüße,

Adlina

P.S.: Tagsüber ist sie übrigens total stolz darauf, dass sie ohne Nukki schläft.

1

Huhu,

wie ist denn euer Abendritual? Bei uns ist nach dem Abendessen noch eine Runde Brettspiele angesagt. Dann bettfertig machen, dann Ringen, Raufen und Kuscheln mit Papa, dann Vorlesen mit Mama. Danach legt sich abwechselnd mein Mann oder ich noch für 5-10 Minuten dazu und wir kuscheln und sprechen über den Tag. Manchmal ist mein Sohn dann auch noch etwas aufgedreht, dann erzähle ich ihm eine Geschichte.

Lest ihr abends vor? Wenn nicht, versuch das doch mal...

Ansonsten denke ich, dass sich das bald wieder einspielt. Habt ihr denn darüber gesprochen, was sie als Schnullerersatz verwenden kann? Hat sie ein Lieblingskuscheltier?

LG

Hanna

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Ja, wir haben ein festes Ritual, das besteht eigentlich seitdem sie auf der Welt ist. Daran wird auch nicht gerüttelt, da ich merke, dass es sie schon total aus der Bahn wirft, wenn etwas anders läuft...

Ach man, eigentlich bin ich ja die "Große" aber so hilflos habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt.

Liebe Grüße und danke schön!!!

2

Hallo,

wir haben das 3,5 Monate lang durchgemacht.
Unsere Tochter hatte sich in den Kopf gesetzt, nicht einzuschlafen und hat das bis zum Exzess durchgezogen.
Wir hatten Tage dabei, an denen sie um 4.30 Uhr im Auto saß auf dem Weg in den Urlaub, eine halbe Stunde geschlafen hat und abends dann um 23.00 Uhr eingeschlafen ist.
Tagsüber immer wieder verzweifelte Bockanfälle wegen der totalen Übermüdung - aber schlafen? NEIN.

Es hat mich an den Rand des Wahnsinns getrieben. Wir haben alles durchprobiert - hat mir auch der Kinderarzt bestätigt, an den ich mich in meiner Not auch wenden mußte.
Körperlich alles ok - also Zähne zusammenbeißen.
Wir hatten Belohnungssystem, extra lange kuscheln, weniger kuscheln, eine Geschichte, mehrere Geschichten, Hörspiel an und aus, Tür auf und zu, früher ins Bett und erst bei Müdigkeitszeichen. Hat alles nichts gebracht.
Bin an einigen Abenden schreiend mit meinem Kind auseinander und fand es furchtbar.

Habe dann für jedes Mal, wenn sie nochmal aus ihrem Zimmer gekommen ist, etwas aus ihrem zimmer mitgenommen. Nicht das Lieblingskuscheltier oder so.
An einem Abend war fast alles im Flur vor ihrem Zimmer und sie hat getobt.
Klingt schrecklich, aber im Zustand der völligen Übermüdung können kleine Töchter seeehr ausdauernd bockig und seeeehr anstrengend sein.
Du kennst mein Herzchen nicht und ich kann nur erklären, wie neu das alles für uns war.

HAch, bin froh, daß es überstanden ist. Ging so plötzlich wie es gekommen war - von ganz alleine. Eins Abends saß ich im Wohnzimmer und rechnete schon mit dem üblichen Einschlaf'terror' und es war Ruhe. Bin dann nachschauen gegangen, ob das Kind noch da ist und sie lag schlummernd in ihrem Bett.

Im Nachhinein bin ich froh, folgendes gemacht zu haben:
- bei Einschlafritualen bleiben (gibt Sicherheit für das Kind)
- konsequent bleiben
- sich beherrschen solange es irgendwie geht aber deutlich machen, daß das Verhalten nicht richtig ist und mir nicht gefällt
- tagsüber viel spielen lassen
- abends darf im Zimmer noch ruhig gespielt werden ohne meine Beteiligung und ohne Toben, dann alleine ins Bett und schlafen. Unsere spielt noch heute gerne 1 Stunde und verarbeitet den Tag
- positive Bestätigung - aber nicht nur für Leistung
- Buch 'Mein kompetentes Kind' von jesper Juul lesen und verstehen

Sorry für den langen Beitrag...

Wünsche Alles Gute!!

Almura

4

erstmal Danke für deine ausführliche Antwort, sie hilft mir doch sehr.

Als Ritual abends läuft es immer gleich. Um 18 Uhr ungefähr Abendbrot. Dann noch etwas spielen mit Papa, dann gehen wir alle zusammen hoch, waschen, umziehen, Zähne putzen. Dann noch ca. 15 Minuten vorlesen und kuscheln in meinem Bett. Einen Schluck trinken, Papa Küsschen geben, und ich gehe noch mit zu ihr rein. Setze mich mit an ihr Bett, dann singe ich noch ihr Lieblingslied, bin dann meistens noch 5-10 Minuten bei ihr gewesen. Bevor wir den Nukki abgewöhnt haben, war dann immer Ruhe. Sie ist auch einfach müde, meistens um halb 8 im KiGa, keinen Mittagsschlaf mehr, den Nachmittag noch spielen etc.

Wenn es mal abends nicht gut geklappt hat, habe ich ihr mal die Geschichte gestrichen, aber nie das Ritual mit "ihrem" Lied. Seit der Nukki weg ist, will sie auch nicht mehr ihr Schnuffeltuch, was sonst immer zweifach mit im Bett war. Ob das jetzt Trotz ist?!

Jetzt gehe ich auch noch mit zu ihr rein, singe, und biete auch an, wenn sie ruhig ist und nicht rumturnt, bleibe ich noch ein wenig länger.

Danke für den Buchtip, ich werde mich mal damit auseinandersetzen.

Liebe Grüße,

Adlina

3

hi Adlina,
glaubst du wirklich, dass ihr Verhalten auf die Abgewöhnung des Nukkis zurück zu führen ist?

Ich glaube, sie macht einfach eine ganz normale Trotzphase durch.

Die Abgewöhnung des Nukkis verlief bei meinen Kindern dermaßen unproblematisch, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass deine Tochter über so einen langen Zeitraum deshalb solche "Anpassungsschwierigkeiten" hat.

Ich finde es übrigens völlig okay, wenn du auch mal laut wirst und dann aus ihrem Zimmer gehst. Denn damit zeigst du ihr ja ganz deutlich, dass es auch bei dir mal eine Grenze gibt und sie diese jetzt überschritten hat. Und wenn du dann auch mal motzt, dann finde ich das okay.

Meine Tochter (4) hat auch gerade mal wieder eine Phase, in der sie solche "Ausraster" hat und schluchzt hinterher manchmal noch 20 Min., bis sie sich letztendlich wieder beruhigt hat. Und ich tröste sie dann schon. Aber ihre vorangehenden Schimpf- und Schrei-Tiraden höre ich mir nicht an. Ich lasse sie dann alleine und verlasse konsequent das Zimmer, in dem sie schimpft. Und wenn sie hinterher kommt, dann gehe ich einfach - unter Vortäuschung einer Beschäftigung (z.B. saubere Wäsche einsortieren) ins nächste Zimmer (oder ich räume auf, das geht ja praktisch immer). Und irgendwann bleibt sie einfach in einem Zimmer und schreit und tobt sich aus - dann kommen die Tränen. Und DANN tröste ich sie - vorher hat es eh keinen Sinn.

Sei taper und steh es durch! Bleib ruhig und lass deine Tochter ihre Wut ausleben.

Und schiebe ihre Wutanfälle nicht auf deine Schwangerschaft. Denn deine Tochter kann es sich ja noch gar nicht vorstellen, was es heißt, ein Geschwisterkind zu bekommen (also was sich für sie ändern wird). Viel eher projezieren Mütter immer alle "Probleme" der Kinder auf die neue Schwangerschaft. Kinder in dem Alter haben da VOR der Geburt weniger Probleme mit als alle glauben.

LG
cori

6

erst mal:
therapeutisch ist es so, dass wut ein gerichtetes gefühl ist. es gibt frustration und ärger und die entlädt sich da wo sie hingehört (in dem fall bei dir weil du ihr ihren nukki nicht gibst). aggression dagegen ist etwas viel massiveres - es ist wut die nicht ausagiert wurde und somit steckt und in einer völlig unpassenden situation sich in unangemessen starker form äußert - also zb wenn sie sie ein baby schlagen würde, oder zb einfach im geschäft die verkäuferin beißt die sie nur fragt wie sie denn heißt ...

du siehst: das was sie macht ist gut, denn das andere die aggression ist das was du vermeiden willst.

daher: hilf ihr mit ihrer wut zurechtzukommen. dazu muss sie sie einerseits ausagieren können (was sie ja recht eindrucksvoll macht) aber vor allem musst du ihr szenarien anbieten damit umzugehen ohne gleich wild um sich zu schlagen. überleg dir mal was du machst wenn du so wütend und frustriert bist (außer die wut runterzuschlucken, das solltest du der kleinen nicht beibringen).

du darfst nicht außer acht lassen, dass der nukki bisher ein instrument war, mit dem die kleine schwierige situationen lösen konnte. der nukki hat ihr versichert: die welt ändert sich - ich ändere mich (sie wird selbständiger, versucht neue dinge, macht dinge die dir nicht so gefallen und die du verbieten willst aber sie will es trotzdem machen und das ist total schlimm für die kleine weil sie hat dich ja lieb und somit steckt sie in einem loyalitätskonflikt) und dann ist da jeden abend dieser nukki. egal was passiert, jeden abend gehe ich in mein bett und nehm meinen nukki und merke, auch wenn es schlimm ist und schwierig so ist doch noch alles irgendwie gut und in ordnung. sie hat sich damit die welt sicher gemacht.

und jetzt kommst du und nimmst ihr diese konstante dass jeder abend gleich ist, das alles wieder gut wird, weil wenn ich da hin komme ist alles so wie immer egal wie schlimm es dazwischen war ...

sie braucht ersatz für ihren nukki. und zwar bevor sie den abgibt!

gib ihr zb noch zeit bis zum nikolaus. vereinbare mit ihr, dass der nukki noch ein bisschen bleiben darf und dass ihr den dann dem nikolaus mitgebt damit der in einem kind schenken kann das ihn dringender braucht. falls nötig besorg auch einen neuen bis dahin.
dann bau mit ihr in den paar wochen ein kräftiges ritual auf - zb du bleibst sitzen bis sie schläft, oder du hältst ihre hand ihr singt ein lied ... kann alles sein. am besten ist es ein ablauf der konstant jeden tag gleich ist, egal ob das du oder dein mann machst und ob da noch ein baby dabei ist oder nicht - das sollte ja zur not verfügbar sein um sie sicher zu machen. überleg dir HEUTE was du machen willst und wie das aussehen kann. der schnuller sollte dabei eine untergeordnete rolle spielen - zum behübschenden beiwerk werden. und dann habt ihr jeden tag ganz genau dieses ritual und keine abweichung bis der nikolaustag da ist. dann gibt sie den schnuller ab - sie sollte das aber alleine machen und freiwillig, nicht zwingen! falls es nicht klappt - dann eben weihnachten oder im februar ... das wird. wenn das ersatzszenario sich für sie sicher anfühlt braucht sie den nicht mehr #pro
es wird wohl wieder szenario geben wenn sie den abgibt, aber dann ist sie verhandlungsfähig in der situation. es ist nicht mehr eine einzige katastrophe sondern sie hat etwas anderes mit dem sie sich versichern kann: der nukki ist weg, aber die welt ist in ordnung, alles wird wieder gut #pro

lg
me

7

> ...der schnuller sollte dabei eine untergeordnete rolle spielen - zum behübschenden beiwerk werden. ...<

schon wieder vergessen ... ein lied bietet sich da sehr gut an. denn wenn sie mitsingt, kann sie den schnuller nur halten, der stört dann ;-) sollte halt der papa auch singen können ...