Elternshaming

Gestern gab es eine Situation die mich sehr nachdenklich gemacht hat.
Bei uns war spontan eine Freundin da.
Wir saßen zusammen und sie hat sich bei uns in der Wohnung umgesehen und ein Pinkes Mofa (zum draufsetzen) unseres 15 Monate alten Kleinkindes entdeckt.
Es hat 2 Knöpfe zum Musik machen und der Scheinwerfer leuchtet zur Musik.
Sie meinte sofort dass sie es richtig schlimm findet und nie sowas ihrem Kind kaufen würde. (Noch ist sie Kinderlos).
Ich hab ihr gesagt dass es ein Weihnachtsgeschenk von der Familie war. Daraufhin meinte sie: „ja, dann hätte ich denen auf der Feier deutlich gemacht dass ich das nicht annehme“.
Ich finde es vollkommen übertrieben.

Man muss dazu sagen, dass wir von sich aus ausschließlich über analoges Spielzeug verfügen und besorgen. Wir sind sehr Bedürfnisorientiert und „nah an der Natur“. Unser Kind kann eh viel mehr mit analogem Spielzeug anfangen, ist sehr (!) Bücherbegeistert und denkt sich selbst mit simpelsten Dingen Spiele aus, von denen ich immer wieder aufs Neue begeistert bin.
Von diesem Geschenk an Weihnachten war ich sehr überrascht, ich habe es aber irgendwie auch als „Geg“ wahrgenommen und alle fanden es witzig, da sie ja sonst überhaupt nicht über sowas verfügt.

Ich gebe zu, die Lichteffekte am Mofa müssten jetzt nicht sein, aber die Knöpfe für die Musik finde ich überhaupt nicht schlimm. Unser Kind liebt Musik, hat viele Tanzmoves drauf und ist einfach glücklich wenn es Musik hört.
Ich denke mir, ob ich ihr jetzt selbst Musik anmache, oder ob sie hingehen darf und sich selber die Knöpfe drücken darf - ist ja fast schon besser wenn sie es alleine kann. Ist doch vergleichbar mit einer Tonie-Box die so beliebt sind.
Und sie geht halt auch einfach ehrlichgesagt sowieso kaum an das Mofa dran.

Die besagte Freundin hat dann die ganze Zeit diesen Roller angeguckt und meinte immer wieder: „Ne, ganz fürchterlich“
Ich hab sie gefragt was sie denn macht wenn alle Freunde von ihrem Kind beispielsweise irgendwann so ein Spielzeug haben und ob es nicht ein viel höheres seelisches Risiko ist, wenn sich das Kind ausgegrenzt fühl weil es das als einziges nicht haben darf. Daraufhin meinte sie nur „Ne, sowas kommt bei uns nicht ins Haus.“
Ich habe ihr aus Elternperspektive erklärt, dass es manchmal romantischer und einfacher in der Vorstellung ist ein ungezähmtes Kleinkind komplette tagelang zu beschäftigen. Und dass der Roller gut ist, wenn wirklich garnichts mehr wirkt. Dann meinte sie : „ja dann muss man halt ein wenig kreativ werden und sich ne Beschäftigung einfallen lassen“ und ich, die ( wie wir alle Eltern hier übrigens) den ganzen Tag und Nacht! nur am Kind betreuen ist, Wein- und Wutausbrüche begleiten (meine und die des Kindes), Vollzeit arbeiten, aufräumen, Beziehungen pflegen, Haushalt machen, Leben managen (mental load) selbst irgendwie klarkommen, ist, dachte mir bezüglich ihrer Aussage nur „Sei einfach leise, du hast doch keine Ahnung“ auch wenn’s meine Freundin ist….

Was sagt ihr dazu? Sollte ich versuchen es zu klären? Oder ist es halt einfach die Meinung dieser Person, die zu akzeptieren gilt? Ich habe kein Problem damit, dass sie ein Problem mit solchem Spielzeug hat, ich kann’s ja zu einem gewissen grad nachvollziehen. Es stört mich wie abfällig und besserwisserisch und beleidigend sie das rübergebracht hat. Das ist Elternshaming.

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Ich würde da nichts sagen.
Bevor ich Mama war, wusste ich es vermeintlich auch immer besser als meine Freunde mit Kindern…
Zum Glück habe ich nie was gesagt, sonst müsste ich mich jetzt ganz oft entschuldigen. 😂

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Das denke ich mir auch. Ich glaube wir können uns fast alle nicht davon freimachen schonmal gedacht zu haben „Ich werde es ganz anders/besser machen“.
Man braucht halt einfach nur nicht jungen Eltern einfach das Leben noch schwerer zu machen als es ist, indem man sie dann offen für etwas beleidigt/ kritisiert.

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Ich würde da gar nichts sagen, schon gar nicht solltest du dich rechtfertigen. Es geht sie schlichtweg nix an.

Einzig ein: "wir sprechen wieder darüber, wenn du selbst Kinder im vergleichbaren Alter hast..." samt Augenzwinkern könnte ich mir nicht verkneifen.

Ansonsten sollte ein "Danke für deine Meinung" ausreichen.

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Man sagt viele solche Dinge wenn man noch keine Kinder hat. Habe ich früher auch (und wurde jetzt eines besseren belehrt :)). Ich sehe das nicht als Elternshaming, sondern einfach als taktlose Meinungsäusserung. Es war ja nicht gegen dich gemünzt.

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Einfach lächeln und winken.

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Ich kann nachvollziehen, dass deine Freundin so DENKT. Noch nie habe ich mir etwas vorher so wenig vorstellen können, wie die Auswirkungen der 24/7 Fremdbestimmung, wenn man Kinder hat.
Trotzdem finde ich es nicht gut, WIE sie die Themen angesprochen hat. Sie hätte sagen können: "Huch, das Mofa passt irgendwie nicht ins Bild" und du hättest erklären können, dass es ein Geschenk war und eigentlich nichts schadet, sondern du es eher mit Humor siehst.

Ihre Aussagen dazu, dass man sich eben Beschäftigung für die Kinder überlegen soll, sind einfach arrogant. Also so zu denken (was ich vermutlich auch mal getan habe) ist schon arrogant, aber es dann so deutlich auszusprechen, ist einfach unsensibel und ne Nummer drüber.

Natürlich würde man am liebsten sagen: "Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst, warte ab, bis du selbst Kinder hast." Aber das würde sie verständlicherweise nicht annehmen können.

Du kannst aber - falls es eine gute Freundin ist - natürlich nochmal darüber sprechen, wie es dir mit der Aussage „ja dann muss man halt ein wenig kreativ werden und sich ne Beschäftigung einfallen lassen“ gegangen ist.
Sie unterstellt dir ja damit irgendwie, dass du einfach zu unkreativ oder faul bist, um eine gute Mutter zu sein, und nimmt überhaupt nicht wahr, dass man als Eltern einfach oft an (und über) die eigenen Belastungsgrenzen kommt. Natürlich darf sie es, falls sie irgendwann Kinder hat, trotzdem anders machen, aber sie sollte respektieren, dass jede Familie da eigene Lösungen finden muss. Vielleicht sprichst du auch nicht offen genug über Belastungen und wie es dir geht?

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Die Sache ist doch nicht der Rede wert. Mit der hätte ich nicht diskutiert und vermutlich auch keine Lust, den Kontakt weiter zu halten. Die hat doch nicht alle Latten stramm, sich an dem Spielzeug hochzuziehen.

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Das Ende einer Freundschaft ist also "nicht der Rede wert"?

Aus dem Text geht jetzt leider nicht genau hervor, wie nah die "Freundin" der TE steht. Davon hängt natürlich vieles ab. Wenn es nur eine lose Bekanntschaft wäre, würde ich dir zustimmen. Aber wenn einem die Freundschaft etwas Wert ist, verstehe ich, dass man über die Situation nachdenkt und halte es für empfehlenswert, nochmal das Gespräch zu suchen.

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Mit "die Sache" meine ich nicht das Ende der Freundschaft, sondern den Besitz eines "fürchterlich"en rosa Kinderspielzeugs. Den hätte ich nicht diskutiert und in 8 Sätzen gerechtfertigt, wie die TE.

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Du wartest jetzt paar Jahre und wenn sie ein Kind hat und dieses natürlich irgendwann so ein dudelzeugs bekommt, dann holst du es raus.

"Weißt du noch Tanja, als du noch kein Kind hattest und dieses rosa Mofa so furchtbar fandest...du sagtest dein Kind wird niiiiiiiieeeeeeemals sowas bekommen. Und jetzt schau dich Mal um". Und das mit einem Augenzwinkern. Ihr werdet beide herzhaft lachen und es wird ihr total peinlich sein wie sie damals drauf war.

Wir dachten doch auch alle bevor wir Eltern würden dass wir es besser machen werden als andere. Nur manche haben es gesagt und manche einfach die Klappe gehalten.

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Klar kennt man solche Situationen. Meistens doch von beiden Seiten. Man war schon derjenige, der zumindest gedanklich alles anders/ besser machen würde und man hat schon seltsame Kommentare bekommen. Die Frage ist warum betrifft dich das und warum diskutiert du das? Ich würde maximal ein "warte mal ab, wenn du mal Kinder hast" ei werfen und den Rest der Kommentare einfach ignorieren. Jetzt mit ihr zu diskutieren bringt doch nichts, weil sie es einfach nicht nachvollziehen kann.
Ich habe dazu mal ein sehr treffendes Zitat gehört, dass ich an dieser Stelle auch schonmal eingeworfen habe:
"Bevor ich Kinder hatte, war ich die perfekte Mutter"

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Hm, würde ich jetzt (noch) nicht als Elternshaming bezeichnen und es auf sich beruhen lassen. Allenfalls hätte ich sie mit „wir reden weiter, wenn Du eigene Kinder hast“ abgewürgt.
Kinderlos hat man ja oft eine romantisierte Vorstellung von der eigenen künftigen Familie und den Erziehungsmethoden. Was es letztendlich bedeutet, vollumfänglich für so einen kleinen Menschen (oder mehrere) da zu sein und 24/7 fremdbestimmt zu leben, Carearbeit mit Erwerbsarbeit und anderen Verpflichtungen unter einen Hut zu bekommen…das weiß man erst, wenn man es selbst erlebt und selbst dann gibt es noch Unterschiede, die das Leben einfacher oder komplizierter machen als das anderer Familien. Vergleiche sind daher eigentlich immer unnötig und nichtssagend.

Wäre besagte Freundin aber permanent derart dreist und besserwisserisch unterwegs, würde ich schon klare Worte finden oder mich aber einfach distanzieren. Aber nicht wegen ihrer unüberlegten Reaktion auf dieses olle Mofa.