ADS Erziehung / getrennt lebende Eltern

Hallo zusammen,
Wir sind eine 4-köpfige Familie. Mit meinen zwei (Stief-) Kindern (12 und 9 Jahre alt) und meinem Partner lebe ich seit 5 Jahren zusammen. Die Kinder gehen (mit Ausnahmen) jedes 2. Wochenende und 1 Woche in den Sommerferien zu ihrer Mutter.
Der große hat die Diagnose ADS bekommen und nun feilen wir ganz frisch an Neustrukturierung des Alltags, Eingrenzung des Medienkonsums und Verhältnis zum jüngeren Bruder. Eine Therapie beginnt sobald wir einen Platz haben :)
Die Diagnose ist für uns kein Beinbruch und er ist auch generell ein tolles Kind. Wir versuchen nur ihm jetzt schon bestmöglichst zu unterstützen und ihm zu helfen ein besseres Zeitmanagement zu bekommen und sich zu konzentrieren. Wesentliche Punkte hierbei sind Medienkonsum und sehr strukturierte Regeln und ein Wochenplan.

Bei der Mutter läuft es sehr inkonsequent. Im generellen halten wir uns daraus, weil wir keinen Konflikt haben möchten.
Die Kinder bleiben bis 22-24 Uhr wach und dürfen Elektronik so viel wie sie möchten (Maxime 12h am Tag, generell 6-8h). Eine generelle Struktur oder Regeln gibt es nicht.

Zu meiner Frage:
Wirft es den großen zurück wenn er 2mal im Monat keinerlei Struktur hat und so viel Medienkonsum, wie er möchte?
Oder ist nur wichtig, wie es bei uns läuft, da es "nur" 4 Tage im Monat sind?

Vielen Dank schon mal fürs Lesen und ich hoffe auf Feedback, vielleicht sogar Erfahrungswerte.

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4 von 30 Tagen?

Ich würde sagen, hat wenig Einfluss auf die Entwicklung. -- der passiert in den anderen 26 Tagen. Klar: es könnte ein Konfliktgeber sein, weil er dort anderes sieht und für die anderen Tage Anprüche stellt, aber grundsätzlich würde ich schon sagen, die 26 Tage sind die "Erziehung".

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Ich glaube auch, dass wenige Ausnahmen nicht allzu dramatisch sind. Ist ja auch eine Chance zu lernen. Leite ihn ein bisschen zu Selbstbeobachtung an. Er soll mal für sich schauen, wie es ihm nach so viel Medienkonsum geht.

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Sehe kein Problem. Ihr prägt doch viel mehr.

Selbst mit Medis später: am WE dürfen die gern ausgesetzt werden (Methylampetamin aka ritalin jedenfalls). Besprecht so etwas mit dem Arzt. Wenn die fachlicheinung ist, Medis am Mama-WE oder maximal 3h. Medien seien wichtig, lasst euch einen Befundbericht schreiben als Anleitung für die Mutter.


Alles Gute! ADS im Haus kann auch eine Bereicherung sein,
:)

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Wenn ihr daraus keinen Konflikt macht, dann sehe ich da kein Problem. Ja, es ist verdammt viel Zeit, die er dort daddelt, aber ihr könnt das einfach für euch mit bedenken und einplanen...also das er danach bei der Rückkehr eben dann noch einen Ausgleich hat.

Er hat ja sicherlich bei euch bisher auch gedaddelt, was ist denn sein Ausgleich dazu? Die Anspannung muß ja wieder abgebaut werden, ohne großartig die Gehirnzellen benutzen zu müssen. Bei meiner Tochter ist es das Trampolin, das ist dann ihr Brainstorm zum Runterkommen.

Helft ihm (falls noch nicht vorhanden), das er selber seinen Ausgleich findet, das er erkennt/ ihn gerne nutzt, weil es ihm gut tut.
Habt im Kopf, das dann eben Lernen für eine Klassenarbeit (und andere kopflastige Dinge) evtl. am Sonntag nicht mehr drin sind.

Also, nicht dagegen handeln oder reden, sondern aktiv den Gegenpart einbauen und ermöglichen.....ohne Vorwürfe.

Und noch etwas, alles Schritt für Schritt. Wenn ihr jetzt alles komplett auf den Kopf stellt, dann wird er mit Gegenwehr reagieren. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Gewohnheiten abzulegen braucht eben Zeit. Und übergeht ihn nicht, erarbeitet euch zusammen Strategien, er ist kein kleines Kind mehr. Ihr seid spät dran, umso bedachter müssen jetzt die Veränderungen sein. Macht er dicht, weil ihr ihn überfordert, dann habt ihr verloren. Erziehungstechnisch ist der Drops vom Alter her fast gelutscht, ihr seid also auf seine Kooperation, seinen Willen und den Wunsch andere Wege zu gehen angewiesen. Deswegen jetzt bitte nicht in blinden Aktionismus verfallen....was anderen Kindern hilft, kann für euren ein Horrortrip sein.

Streiche das Wort "bestmöglich" aus deinem Vokabular und ersetze es durch "passend". Ich kann euch nur dazu raten, das ihr selber auch Hilfe von Außen (Beratungsstelle für Angehörige/Eltern) sucht, damit ihr besser verstehen und begreifen könnt, wie das Kind tickt. Ihr müsst lernen, die Welt mit seinen Augen zu sehen, nur dann könnt ihr gemeinsam den passenden Weg finden.

Sucht euch (mit ihm zusammen) die Prios raus, dann geht sie Punkt für Punkt, nacheinander und in Ruhe an. Was ist die größte Baustelle im Alltag? Sieht er das genauso? Wochenpläne können überfordern, zu viele Informationen auf einem Blick.

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Vielen Dank für die Antwort!

Er hat bei uns Zuhause in der Woche max 1h Elektronik-Zeit. Da er erst um 16 Uhr aus der Schule kommt passt mehr schon gar nicht in den Alltag. Die einzige Änderung dahingehend ist, dass das Handy jetzt auch für WhatsApp ab 18:30 Uhr tabu ist. Am Wochenende dürften es schon mal 3h sein plus ein Film am Abend. Das kommt darauf an, ob was unternommen wird.

Wir möchten genau das vermeiden, einen Konflikt mit der Mutter. In der Vergangenheit kam es das ein oder andere Mal dazu, weil man den beiden am Montag und Dienstag anmerkt, dass sie woanders waren. Beim großen haben uns auch die Lehrer darauf angesprochen, was denn alle 2 Wochen in den ersten Tagen los ist.
Wir sind aber generell der Meinung, dass ein Konflikt (den die Kinder leider immer wieder mehr oder weniger mitbekommen) schlimmer ist als das.

Als Ausgleich zum Medienkonsum hat er das malen. Er malt gerne und kann sich richtig darin "verlieren".

Wir sprechen alles mit ihm ab. Daher auch unsere Entscheidung zum "Wochenplan".
Er hat ein großes Problem mit seinem Zeitmanagement und wollte gerne etwas, was ihm hilft. Auf dem Plan stehen allgemeine Dinge (6:30 aufstehen, 6:45 Frühstücken, etc). Bis jetzt klappt es wunderbar. Kein Trödeln mehr morgens vor der Schule und er kommt pünktlich raus.
Wir wollen das ganze jetzt erstmal so beibehalten und mal gucken, ob wir etwas ähnliches (ohne Uhrzeiten) als Anleitung in der Schule ausarbeiten.

Er ist ein tolles Kind und die Diagnose hat bei uns tatsächlich einfach nur mehr Verständnis für ihn gebracht. Wenn man vorher der Meinung war: Mit 12 Jahren muss man doch in der Lage sein sich morgens pünktlich fertig zu machen. Dann denkt man jetzt viel eher: ok er hat dieses Gefühl dafür nicht, so wie ich. Er weiß manchmal einfach nicht, was als nächstes kommt und ist überfordert, lässt sich "ablenken".
Von daher bin ich guter Dinge, dass die Diagnose und vor allem die noch anstehende Therapie vieles erleichtern wird.

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Hallo du Liebe, es liest sich wirklich sehr angenehm wie du das handhabst, wenn ich das so sagen darf.
Mein 14 J. hat auch ADS.

„Die einzige Änderung dahingehend ist, dass das Handy jetzt auch für WhatsApp ab 18:30 Uhr tabu ist. „

Da bin ich drüber gestolpert und würde dir gern meine Gedanken da lassen. Mein Großer hat nämlich auch Schwierigkeiten Kontakte aufzubauen und noch nie einen wirklichen „besten Freund“. Das Handy/WhatsApp ist leider total zur Standard-Komunikation bei den Kids geworden. Wenigstens schreibt und telefoniert er jetzt mal mit einigen. Manchmal auch nur blödsinnig, das ist ja egal… will sagen, pass auf, falls das bei euch auch so ist, dass er nicht so zu dem Jungen wird, der ja nie antwortet oder eh nie erreichbar ist.
Bei meinem Sohn sind es nicht selben auch ganze Klassenchats oder bin der Sportgruppe. Nicht dass er da ohne Handy wesentliches verpassen würde, aber er wäre tatsächlich nicht so sehr in die Gruppe integriert und würde ein paar Insider Witze vielleicht nicht verstehen.
Vielleicht läuft es bei euch ja ganz anders mit den Kids, dann ignoriere das einfach. Ansonsten wäre es vielleicht eine Idee, dass das Handy abends an einem festen Platz liegt und er bei Nachrichten drauf schauen darf. Aber kein Gedaddel und kein Verschwinden mit Handy.

…“ok er hat dieses Gefühl dafür nicht, so wie ich. Er weiß manchmal einfach nicht, was als nächstes kommt und ist überfordert, lässt sich "ablenken".“

Nicht zu vergessen, dass er sich vielleicht mal gar nicht motivieren oder aufraffen kann. Das ist bei uns mittlerweile primär das Problem. Er sieht die Zeitnot, denkt an den nächsten Schritt aber kommt einfach nicht zur Umsetzung. Keine Energie, kein Schub. Das kann sehr frustrierend fürs Kind selber sein.

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Hey!

Es klingt für mich so, als hätte die KM das "ads-Gen" vererbt.
In einer Therapie könntet ihr besprechen, wie ihr das Kind nach der Zeit bei der Mutter wieder einnordet oder wie es sich selbst bei der Mutter reguliert.

Liebe Grüße
Schoko

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Wir haben ein ähnliches Problem, wobei die Kinder öfters bei uns sind und es sich um einen 14jährigen handelt.

Hier ist es allerdings so, dass die Mutter dem Kind alles abnimmt und alles kontrolliert. Wir würden ihm gerne mehr zutrauen und erlauben, aber er kommt dann hier überhaupt nicht damit klar.

Ich befürchte, dass man bei solchen Modellen, wo man die Kinder eher selten sieht akzeptieren muss, dass die Mutter leider am längeren Ast sitzt. Heißt natürlich dennoch nicht resignieren, geht ja schließlich ums Kind.