Ein anderes Schulproblem

Hallo!
Ich poste meine Frage mal hier, weil ich gerne anonym schreiben möchte. Bitte seht mir daher nach, dass ich nicht mehr antworten möchte, wenn die Frage verschoben wird. Ich bedanke mich daher jetzt schon mal ganz herzlich für eure Antworten! #danke

Meine Tochter ist eher der stille, etwas schüchterne Typ. In den ersten beiden Schuljahren war sie eine ganz unauffällige Schülerin und schwamm einfach in der Masse mit. Mathe machte ihr von Anfang an keine Probleme. Da war sie ein Selbstläufer. In Deutsch hat es ein Weilchen gebraucht, bis sie das mit dem Lesen hingekriegt hat. Auch Schreiben war anfangs nicht so ihr Ding. Da hat sie den Stift zunächst zu verkrampft gehalten und schrieb sehr langsam. Im Laufe der Zeit ist allerdings der Knoten irgendwann geplatzt. Beim Elternsprechtag wurde immer gesagt, dass leistungsmäßig soweit alles passe, sie sich aber mehr zutrauen und mehr am Unterrichtsgespräch beteiligen solle.

Jetzt ist sie in der dritten Klasse. Ab diesem Schuljahr bekommen sie auch Noten. Und plötzlich mausert sie sich von der unauffälligen Schülerin zur Überfliegerin. Alle Arbeiten, die sie nach Hause bringt, sind eine 1. Kürzlich haben sie den ersten Aufsatz geschrieben und die Lehrerin hat ihre Arbeit als Anschauung für die anderen laut vorgelesen. Vor den Ferien haben die dritten und vierten Klassen an so einem deutschlandweiten Mathewettbewerb teilgenommen. Da gab es vor Kurzem die Ergebnisse und meine Tochter hatte das beste Ergenis der Schule. Das wurde in der Schule richtig gefeiert, alle, sogar der Schulleiter, haben ihr gratuliert.

Und jetzt zum Problem: Meiner Tochter ist das alles unfassbar peinlich. Als die Geschichte mit dem Mathewettbewerb war, wäre sie am liebsten im Erdboden versunken. Sie mag einfach überhaupt nicht im Mittelpunkt stehen. Außerdem hat sie Angst, als Streber bezeichnet zu werden. Das führt auch dazu, dass sie sich jetzt mündlich noch mehr zurücknimmt als zuvor.

Habt ihr vielleicht eine Idee, wie man jetzt damit umgehen sollte?

Liebe Grüße #winke

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Deine Tochter sieht das schon richtig - dieses Herausstellen (Aufsatz als gutes Beispiel der Klasse vorlesen, Gratulation von der Schulleitung), kann ganz schnell nach hinten losgehen, gerade bei begabten Mädchen.
Die Gefahr, dass sie von den anderen ausgegrenzt wird, ist hoch. Meist steckt folgende Dynamik dahinter: andere Eltern erfahren davon, dass deine Tochter so ein Überflieger ist und kommentieren dies entweder abwertend (Streberin, die hält sich wohl für ganz was besonderes, etc) oder die eigenen Kinder werden bekrittelt, warum sie nicht solche Leistungen zeigen. So oder so, die Klassenkameradinnen werden einen Pik auf deine Tochter haben.

Das ist der Grund, warum z.b. hochbegabte Mädchen viel seltener diagnostiziert werden, sie versuchen sich anzupassen und nicht aufzufallen, oder sogar absichtlich schlechtere Noten zu schreiben. Alles, damit sie sozial nicht ausgegrenzt werden.
(Bei Jungs sind die Dynamiken oft etwas anders).

Rede mit der Lehrerin, dass sie in der Schule keine Sonderrolle haben soll, dass Noten und Ergebnisse nicht öffentlich gemacht werden oder Rankings aufgestellt werden. Wenn deine Tochter schwerere Aufgaben bekommt, muss das auch niemand wissen - Aufgabenblätter werden einfach ausgeteilt, da sollte jedes Kind sein Niveau bekommen ohne zu wissen, welche Aufgaben der Nachbar hat.
Je differenzierter der Unterricht für ALLE Kinder ist, umso weniger fällt deine Tochter auf.

Die Lehrerin sollte verstehen, dass deine Tochter nicht auffallen will. Vielleicht besprecht ihr, wie sie sich (mehr) am Unterricht beteiligen kann, ohne eine Sonderrolle zu bekommen (die weiß immer alles).
Wenn deine Kleine sehr begabt ist, wird ihr eine Standard-Grundschule ohnehin nicht gerecht, die 4 Jahre muss man irgendwie rumkriegen, möglichst ohne sozialen Stress.

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Ich muss sagen, dass ich die Antworten, die ja alle irgendwie in eine Richtung gehen, etwas irritierend finde. Akut, aus der Sicht des Mädchens wäre ihr sicher geholfen, wenn die Lehrerin damit aufhört, zu kommunizieren, dass sie die Beste ist. Aber das kann ja nicht die einzige pädagogische Möglichkeit sein, dass die Guten sich aus Angst vor dem neidischen Mob verstecken müssen, weil der sie sonst ausgrenzt oder mobbt. Die Dynamiken, die das auslösen würde, möchte ich mir bitte nicht vorstellen. Diese Sichtweise erscheint mir viel zu kurz gedacht.
Auch das Kind darin zu bestätigen, dass es peinlich ist, gut zu sein. Gerade für Mädchen. Im Unterschied zu Jungs. Können wir bitte unseren Kindern wieder sagen, dass es super ist die Beste in irgendeinem Mathetest zu sein. Dass das ein Grund ist zu feiern. Aber dass es eben ein winziger Teil der Persönlichkeit ist und es viele, viele Dinge gibt, die einen (guten) Menschen ausmachen. Dass es gut ist, danach zu streben, etwas zu wissen, zu können, sich zu trauen.
Solange wir Mädchen darin bestärken, ihre Talente zu verstecken aus Angst und weil es peinlich wird, können wir uns den Rest der Emanzipation und Gleichstellung gleich sparen.
Die Lehrerin muss dafür sorgen, dass die Talente, Fähigkeiten und Anstrengungen aller Kinder gewürdigt werden. Und nicht aufgefordert werden, alle künstlich gleich zu halten. Dann fühlt sich niemand mehr gesehen und wertgeschätzt.

Du kannst Deiner Tochter sagen, dass sie stolz sein kann auf ihre Leistungen. Letztlich fehlt es ihr noch an den emotional-sozialen Fähigkeiten mit dem Erfolg umzugehen und an denen könnt ihr gemeinsam arbeiten. Die sind im Zweifel auch viel wichtiger als die pure Leistung. Emotional-soziale Fähigkeiten lernt man in Mannschaftssport oder bei Karate etc. Oder durch Aktivitäten mit anderen - Pfadfinder, was weiß ich. Es gibt viele Möglichkeiten.

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Ich muss sagen, dass ich deine Antwort sehr irritierend finde.

Der Grundtenor scheint bei dir die Stärkung von Gleichstellung von Frauen, kurz ein feministische Ansatz zu sein.

Dabei gehst du davon aus, dass: 1. der Lehrerin mal eben mitgeteilt wird, wie sie ihren pädagogischen Ansatz ändern soll, 2.
diese neue Erkenntnis dann der Klasse mitteilt und dann läuft das schon?

Ich schlage dich als neue Bildungsministerin vor, ungefähr so scheint mir nämlich Bildungspolitik zu laufen.

Aber schauen wir weiter: das Kind soll stolz auf seine Leistung sein und an seinen emotional -sozialen Fähigkeiten arbeiten, damit sie mit diesem Erfolg dann auch umgehen kann. Und diese Fähigkeiten lernt sie dann bei "Mannschaftssport oder Karate, Pfadfinder, was weiß ich".

Ja, was weißt du?
Von Gruppendynamik, ehrgeizigen Eltern und dem System Schule offensichtlich herzlich wenig.

Auf Täter-Opfer-Umkehr allerdings verstehst du dich: wieso soll das betroffene Kind jetzt seine emotional-sozialen Fähigkeiten ausbauen? Wäre es sozialer, dann wäre es so selbstbewusst, dass alle anderen Kinder/Mädchen es sich zum Vorbild nähmen? Und dann wären wir ein Stück weiter in der Gleichberechtigung?

Junge, Junge(!) - darauf muss man erstmal kommen.

Darf ja jeder in diesem Land seine
Kinder erziehen wie er mag. Meine Kinder würde ich keiner Gesinnung opfern - diese Kämpfe sollen gefälligst Erwachsene ausfechten.

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Gespräch mit der Lehrkraft suchen und dann sollte sich das erledigt haben. Entweder sie sagt es selbst oder du sagst es der Schule.

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Deine Tochter hat leider Recht. Das ist nicht selten der Ursprung von Mobbing. Bitte sprich mit den Lehrern, dass sie das umgehend lassen und erinnere sie an den Datenschutz.

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Deine Tocher sollte lernen, dass sie Fähig- und Fertigkeiten hat und sich deshalb nicht schämen muss. Klar kann ich verstehen, dass sie nicht ständig in den Mittelpunkt gezerrt werden will - da hat hier jemand dir schon einen guten Ratschlag gegeben. Aber bestärke das Selbstbewusstsein deiner Tochter. Wenn ihr der Unterricht Spaß macht, sollte es so bleiben.

Bearbeitet von Inaktiv
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Genauso 👍

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Oh, ich finde deine Tochter toll....dieser Affentanz in der Schule wegen dem Mathewettbewerb....wem wäre das nicht peinlich?

Nicht jeder genießt es im Mittelpunkt zu stehen. Bei dem Mathewettbewerb hätte ich ihr schlichtweg die Wahrheit gesagt, nämlich das alle so aus dem Häuschen sind, weil sie die Statistik der Schule gut aussehen lässt. Okay, an der Schule meiner Tochter bezeichnen sich die Kinder gegenseitig als Streber, auch die mit den Einsen machen damit undw as sagt uns das? Richtig, sie wissen gar nicht, was sie da sagen. Auch das würde ich meiner Tochter so vermitteln.

Aber ich würde darüber mit der Lehrkraft sprechen, dieses herausheben von guten Leistungen ist doch ätzend und führt halt bei deiner Tochter zur Demotivation...das kann es doch nicht sein. In den meisten Grundschulen wird das auch so nicht gehandhabt, im Gegenteil...die Noten sind immer ein großes Geheimnis, damit eben genau das, was deine Tochter gerade spürt eben nicht eintritt.

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Hallo!
Ganz herzlichen Dank für eure Antworten! Mit der Klassenlehrerin werde ich sowieso demnächst sprechen, da wir bald Elternsprechtag haben. Da werde ich das Problem auf jeden Fall ansprechen. Ich würde meiner Tochter ganz gerne direkt etwas mit auf den Weg geben, wie sie selbst künftig damit umgehen kann. Bisher habe ich ihr jetzt klargemacht, dass ein "Streber" sich dadurch auszeichnet, dass er anderen nichts gönnt oder sich über andere lustig macht. Ich nehme an, dass sie das nicht tut.