ADHS bei Vater und Sohn - wie geht man damit um?

Hallo ihr Lieben,

wie der Titel schon aussagt, leidet mein Mann scheinbar unter ADHS. Scheinbar, da nun unser älterer Sohn (9) dieselben Probleme hat wie mein Mann in der Kindheit. Sohn wurde untersucht, mein Mann jedoch nie. Dafür hat mein Mann in den 20er einen IQ Test gemacht und schnitt mit 131 ab. Bei unserem Sohn wurde allerdings keine Hochbegabung festgestellt. Wo die Diagnose nun stand, laß ich natürlich viel ua auch, wie sich das im Erwachsenenalter auswirkt, sofern nicht therapiert und Eltern nicht geschult werden. Für unseren Sohn kann sich das daher bis zum Erwachsenenalter gut abmildern, beim Ehemann nicht, denn die Beschreibungen passen 1:1 zu ihm. Wir sind mit 18 zusammengezogen und ich hab ihn stets aus dem Bett gekloppt, damit er überhaupt zur Schule geht. So ging’s auch weiter in der Uni… jetzt stehen wir zwar schon im Berufsleben, aber verpennen/vergessen/immer zu spät sein/alles auf den letzten Drücker machen etc. steht noch an der Tagesordnung.

Da ist mein Sohn zum Glück ein wenig nach mir und hat echt ein gutes Verantwortungsgefühl. Zu spät kommen geht für ihn gar nicht. Er ist sehr genau und zielgerichtet, wenn die Ziele zumindest kurzfristig definiert werden, hat aber dafür andere Probleme.

Hat jmd Erfahrung damit? Wie organisieren sich eure Ehepartner mit ADHS? Wie gestaltet ihr die Erziehung? Denn ganz vorbildlich ist das ganze natürlich nicht. Ich bin zwar anders, aber denke, dass Jungs sich ja eher über den Papa definieren. Und der Papa kann ja evtl auch nix für, dass so ein Chaos bei ihm im Kopf ist.

Was unsere Beziehung angeht: die läuft eig soweit gut, allerdings nervt es mich schon, dass er manchmal so auf etwas hyperfokussiert, dass er alles um sich herum vergisst, oft auch seine Pflichten als Vater und Ehemann. Ich gebe mir Mühe, das mit Humor zu nehmen, sonst würde mich das nur wütend machen.

Danke im Voraus!!!

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Hey!

Ich bin auch so ein Fall wie dein Mann.
Unter Medikamenten ist es besser. Lässt er sich behandeln?

Der IQ wird von der Mutter vererbt, habe ich neulich mal gelesen.
Nun.

Ich hatte eine Therapie mit einer Lerntherapeutin und habe ein paar Dinge erarbeitet.
To Do Listen auf dem Handy, Einkaufsliste auch.. to Do Liste in der Küche an der Wand..
Meine Rechnungen haben ein System. Es passt meist.

Liebe Grüße
Schoko

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Dein Mann hat einen IQ von 131 und er hat sich in dich verliebt? Wäre es nicht logischer gewesen jemand ebenwürdiges zu suchen??? (ein Scherz bitte nicht ernstnehmen, aber das stand mal in der Bunten)

Ehrlich gesagt du kannst das nur auf dich zukommen lassen und von Situation zu Situation behandeln und vieles mit Humor nehmen, eventuell suchst du dir eine Möglichkeit diesen zusätzlichen Stress mit Sport oder mit einer engen Freundin durch Gespräche abzubauen. Deinen Mann wirst du nicht mehr ändern können.

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In vielen ADHS Familien ist ein Elternteil auch (oft undiagnostizierter) ADHSler, also das ist jetzt denke ich nix ungewöhnliches oder Schlimmes sondern der Alltag in ADHS-Familien.

Es hat auch große Vorteile ein Elternteil zu haben das selber ADHS hat, denn ein Neurotypischer versteht einen ADHSler oft nicht. Es fallen oft sehr verletztende Sätze wie "es kann doch nicht sein dass," etc.

Du hast es doch in jeder Familie dass irgendwo einer nicht das macht wie der andere. Sei es dass ein Partner "falsch" isst, sprachlich nicht das Niveau hat das man sich manchmal wünscht, zuwenig Sport macht ...
Man geht damit um wie mit allem im Leben, man versucht das Beste draus zu machen. Wenn Du weißt dass Dein Mann in gewissen Dingen kein Vorbild ist kannst Du das ja auch Deinem Sohn diplomatisch kommunizieren, sagen dass man es besser machen sollte, gleichzeitig aber für Verständnis werben. Jeder Mensch hat Stärken, jeder Mensch hat Schwächen. Offen darüber zu reden und auch gleichzeitig für Toleranz und Respekt so sorgen und das Kind auf den goldenen Mittelweh zu bringen ist die Kunst die sich Erziehung nennt.

Wichtig fände ich dass Dein Mann mit zu den Beratungsgesprächen geht und die Themen und der richtige Umgang damit angesprochen wird. Ich hab meinen Haushalt auch besser im Griff seit ich zur Elternberatung der KJP gehe :)

Bearbeitet von Inaktiv
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Schön formuliert. Das hilft uns tatsächlich sehr, denn vorher habe ich auch meinen Mann gar nicht verstanden wieso er so ist und war manchmal kurz davor zu gehen. Auch ihm hat - glaub ich - die Diagnostik unseres Sohnes insofern geholfen, dass er verstanden hat, wieso er früher diese Probleme hatte und hat sich seitdem auch sehr verändert. Er hat einfach mehr Verständnis für unseren Sohn genauso wie ich. Das hilft unheimlich.

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Zunächst Mal: wie die Symtome deines Sohnes sich jetzt zeigen, müssen sie nicht im Erwachsenenalter sein. Das liegt erstens daran, dass sich da in der Pubertät noch viel ändert. Gleichzeitig ist dein Sohn noch nicht in der Verantwortung sein Leben selbst zu organisieren. Und weiterhin spürt er natürlich wie du auf die Verpeiltheit deines Mannes reagierst und könnte daher schlicht ADHS-Verhalten maskieren (was auf Dauer sehr anstrengend ist und auch zu Komorbiden Erkrankungen führen kann).
Was also zunächst passieren sollte, ist das ADHS-typisches verhalten nicht mehr Teil von Kritik etc ist. Bzw bevor man kritisiert, schaut man in das gegenüber da wirklich was für kann.
Das Ziel ist nicht, dass dein Sohn auf deinem Level funktioniert, sondern dass er eigene Strategien entwickelt wie er später im Leben gut zurechtkommt.
Hierzu schadet es sicher nicht, wenn dein Mann sich Diagnostizieren lässt und sich Hilfe holt sich besser zu organisieren.
Aber: Im Kopf Bleiben sollte dabei immer, dass du deine Erwartungen an Beide an das anpasst was sie leisten können. Und allgemein euer Alltag ADHS-Freundlich ist.

Ganz klar möchte ich auch sagen: ADHS ist KEINE Frage von Vorbild und Erziehung. ADHS ist eine Stoffwechselstörung des Gehirns. Wenn dein Mann zum Beispiel Hyperfokussiert und seine Pflichten vergisst, dich das stört solltest du es ihm nicht zum Vorwurf machen, du musst es aber auch nicht weglächeln. Erarbeitet Strategien wie er aus einem Hyperfokus rausfindet, wenn er anderweitig Pflichten hat. Gleichzeitig solltest du beiden aber einräumen ihr ADHS-Selbst sein zu dürfen. Glaub mir, wenn man dauernd maskieren muss und dauernd Erwartungen erfüllen muss, denen man immer hinterherhinkt, ist das nicht leicht. Das führt dann zu Angststörungen, Depressionen, etc.
Also solltest du stehts im Blick behalten, dass beide sich das nicht ausgesucht haben und es für sie selbst auch sehr belastend ist.

Ich selbst habe den Verdacht auf ADHS. Wobei der Verdacht auch bei meinen Geschwistern besteht und eigentlich schon feststeht. Warte noch auf einen Termin zur Diagnostik. Erwarte mein 2. Kind. Ich würde schon sagen dass das ADHS mir im Umgang mit meiner (wahrscheinlich auch ADHSler) Tochter im Weg steht. Ich kann das aber leider nicht immer beeinflussen. Es ist sehr schwer. Meine Tochter ist noch klein und auch ihr ADHS ist für mich nicht immer ganz einfach zu händeln. Aber ich sage mir einfach: Es kommt auf die Beziehung an. Es kommt darauf an wie ich meine Tochter akzeptiere. Und ihr Verständnis entgegenbringe. Und ich glaube gerade das kann ich als ADHS-Elternteil sehr viel besser als mein Mann. Pünktlichkeit etc sind natürlich nice to have. Aber letztendlich sollte man seinem Kind vor allem mitgeben, wie es mit seinen Emotionen umgehen kann, dass es geliebt wird wie es ist und dass das ADHS ihn nicht zu einem schlechteren oder unfähigeren Menschen macht.

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Hallo

also bei unserem Sohn wurde als er 6 Jahre alt war ADHS diagnostiziert. Er ist schon immer ein wirbelwind, sehr sozial, hilfsbereit und freundlich. Zum ADHS hat er noch eine Kontaktstörung. Wir sind daher in einem SPZ wo er auch medikamentös eingestellt ist,macht Ergo und Reittherapie. Mein Mann und ich waren in einer Elternschulung und das lustige dort war das die Frau meinem Mann gesagt hatte das er wohl auch ADHS hätte. Ob mal geschaut wurde etc. Da kam ihm dann mal so einiges hoch warum er vielleicht dieses und jenes Problem hat. Mein Mann schiebt gerne Dinge vor sich her. Ich muss ihn ständig hinweisen, dass er beim Arzt anrufen muss oder da einen Termin hat. Er darauf achten muss eine bestimmte Rechnung zu begleichen oder oder. Ja es ist teilweise sehr anstrengend.

Für meinen Sohn habe ich jetzt in der weiterführenden schule in sein Zimmer auf den Rollcontainer Kästchen in den Farben der Schulfächer angelegt. So kommt er gut zurecht und kann den Ranzen selber richten und und. Eine gewisse Struktur ist sehr hilfreich. Auch das Abendritual ist bis auf wenige Ausnahmen immer gleich.

Mein Sohn und ich gehen auch wieder zur Kinderreha (ich als Begleitperson mit). Da lernt man auch unwahrscheinlich viel und ihm hilft es.

LG Hexe12-17

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Bei ADHSlern ist es ja so, dass Symbole und Bilder besser helfen als anders. Die sollen gar nicht ständig hängen sondern wenn Zeit zum Aufräumen oder Zähneputzen ist, wird ihnen an die Konsole, Schreibtisch etc. das Bild gehängt. Da könntest du 100 mal rufen und erinnern, das hilft nicht.
Vielleicht kann man das für beide einbauen. Du musst dann nur in gewisser Weise auch deinem Mann hinterher laufen.

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Interessanter Tipp. Das könnten wir gut umsetzen. Danke 🙂

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Ich hab mich bei einer Selbsthilfegruppe gemeldet. Konnte nur bisher noch nicht teilnehmen. 😅 Der Mann ...

Aber der Gedanke daran allein beruhigt schon etwas. Ich kann das leider nicht so sehr mit Humor nehmen. 🫤 Wäre hier und da sicherlich besser ...

- Wenn du xxx willst, musst du JETZT los.
- Hast du schon xxx gemacht? Bitte. Jetzt!
- Steuererklärung am letzten Tag um 23:58 Uhr.
- "Hallo, bist du ansprechbar? Hörst du mich?"

Es ist furchtbar anstrengend manchmal.
Aber es gibt immer wieder auch positive Überraschungen. 😅

Wenn ihr mit eurem Sohn auf dem richtigen Weg seid, dann ist das schon mal gut. Und ich hoffe, die Kinder orientieren sich eher an mir. In manchen Sachen. 😉

Erziehung läuft bei uns einigermaßen gleich von beiden Seiten, da hat das ADHS bei uns keine Auswirkungen.
Und den Alltag versuchen wir so gut es geht geregelt zu bekommen. Da haben sich über die Jahre die ein oder anderen Mechanismen eingestellt. Bei euch bestimmt auch.

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- "Hallo, bist du ansprechbar? Hörst du mich?"

Ich kenne das eigentlich nur von Kindern, aber einen Versuch wäre es wert auch bei dem Mann auszuprobieren..
Und zwar sitzen die in einer gewissen Blase wenn sie sich beschäftigen. Da kannst du 100 mal rufen oder sogar schreinen, das prallt tatsächlich ab. Zwei Taktiken können diese Blase durchbrechen:
1. Berührung, also anticken oder kurz Hand auf seinen Arm etc.
2. ein für die Person spannendes Thema ansprechen. Daddelt der Mann nur mit dem Handy, kurz darauf eingehen: welche Version hast du ja eigentlich gerade drauf? …. ah okay und dann ist jetzt die die Steuererklärung dran.
Dann hört er es wenigstens und du hast eine Chance 😄
Beim Kind: oh das ist ja ein tolles rotes Auto (Antwort/Reaktion).. Jetzt wird die Jacke angezogen wir gehen los.